(v.l.) Am Kerzenpodest: Mike Joseph (Oberbürgermeister Frankfurt am Main), Skadi Jennicke (Kulturbürgermeisterin Leipzig), Michael Kretschmer (Ministerpräsident Freistaat Sachsen), Elke Urban (Bürgerrechtlerin in der ehemaligen DDR), Manuela Schwesig (Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern), Olaf Scholz (Bundeskanzler), Burkhard Jung (Oberbürgermeister Leipzig) und Ayleena Jung - Lichtfest Leipzig 2024 - Beeindruckend und berührend
Sachsen, Deutschland

Lichtfest Leipzig 2024 - Beeindruckend und berührend

Leipzig erinnert an den 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution

Ein Band aus 21 großformatigen Lichtinstallationen zog sich am Abend des 9. Oktober 2024 um den Leipziger Innenstadtring. Der 35. Jahrestag der entscheidenden Montagsdemonstration der Friedlichen Revolution war Anlass, mit Licht und zehntausenden Kerzen zu erinnern. Aber nicht nur erinnern, auch erzählen und berühren wollen die internationalen Kunstprojekte - und das tun sie auch. Denn alle reflektieren auf ihre Weise einen Bezug zum Herbst `89 und verweisen zugleich in die Gegenwart. 

Sei es die großformatige "Ode an die Demokratie", eine kraftvolle audiovisuelle Installation aus Leipzigs Partnerstadt Frankfurt am Main oder nur scheinbar leisere Projekte wie "Reflexion" (Heelemann & Scheibe/Weimar) oder "Where did the hero come from? (Eunjin Park/Köln). Fast magisch, wie sich die riesigen Lichtstrahlen von Philip Ross‘ „Barrier“ durch die Berührung der Besucher öffneten und den Durchgang freigaben. Ob filigran und doppelbödig überzeugend wie „Freedom?“ (Loomaland/Berlin) und „Stringed“ (Gijs von Bon/Niederlande) oder energiegeladen wie die Tänzerinnen und Tänzer der trinationalen Performance „(De)konstruieren“ (Partnerstadt Lyon) vor dem Hauptbahnhof - sie alle begeisterten die Besucher. 

Marit Schulz, Leiterin des Lichtfestes, zog am Abend ein positives Resümee: „Es war beeindruckend, wie viele Menschen den Augustusplatz zur Eröffnung füllten und sich dann gemeinsam auf den Weg über den Ring machten. Für viele Besucherinnen und Besucher war es auch und gerade nach 35 Jahren wieder ein bewegender Moment: Heute erstrahlten Installationen an der Strecke, wo am 9. Oktober '89 der Schießbefehl drohte, die Angst war da, aber der Mut der Menschen siegte.

Ein Tag, der die Welt veränderte

Die Besonderheit dieses 9. Oktober 1989 in Leipzig wurde auch in den Grußworten auf dem Augustusplatz betont. Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, stand die Freude über die vielen Besucherinnen und Besucher des Lichtfestes ins Gesicht geschrieben, die er auf dem Augustusplatz begrüßte. Er bedankte sich ausdrücklich „bei all den Menschen, die 1989 mit heißem Herzen und unglaublichem Mut dafür gesorgt haben, dass wir heute hier in Freiheit und Demokratie stehen können“. Jung nahm den 9. Oktober zum Anlass, „an die Botschaft zu erinnern, Freiheit und Selbstbestimmung zu verteidigen, für Menschenwürde und Demokratie als unantastbare Güter zu streiten und zu kämpfen“. 

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der am Nachmittag beim Festakt im Gewandhaus die „Rede zur Demokratie“ gehalten hatte, wandte sich auf dem Augustusplatz an die Besucherinnen und Besucher: „Da steht stolz ‚89‘ am Turm“, sagte er mit Blick auf die riesige 89 an der Fassade des City-Hochhauses. „Das ist eine Botschaft. Eine Botschaft, dass Freiheit friedlich erkämpft werden kann.“ Scholz erinnerte auch an die mutigen Demonstranten von 1989. „Die SED-Diktatur, der DDR-Staat mit all seiner Macht und Gewalt ist zurückgewichen. Und damit hat sich nicht nur Leipzig, nicht nur die DDR, nicht nur Deutschland, nicht nur Europa verändert, sondern die ganze Welt.“

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer brachte eine sehr persönliche Erinnerung an den Herbst 89 mit: „In meiner Heimatstadt Görlitz bin ich als 14-Jähriger zu den Montagsdemonstrationen gegangen. So alt ist mein Sohn heute. Und heute habe ich gedacht: Wie toll, dass Kinder und Jugendliche das erleben können - gemeinsam mit ihren Eltern. Sie machen das möglich“, dankte Kretschmer den Leipzigerinnen und Leipzigern: „Ich kenne keinen anderen geschichtsträchtigen Tag in der Bundesrepublik, der 35 Jahre danach noch so lebendig begangen wird. Sie sind zu Recht die Stadt der Friedlichen Revolution.“ Dass dieser Tag trotz aller Herausforderungen in einer Demokratie gefeiert werden sollte, betonte auch Elke Urban, Bürgerrechtlerin der ehemaligen DDR: „Wir haben allen Grund zur Freude“.

Vier Lichtinstallationen sind noch bis zum Wochenende (10.-12. Oktober 2024) zu sehen

Anlässlich des 35. Jahrestages der Friedlichen Revolution sind einige Lichtprojekte nicht nur am 9. Oktober, sondern noch bis zum Wochenende zu sehen: Vom 10. bis 12. Oktober 2024, jeweils von 19 bis 23 Uhr, laden Lichtinstallationen auf dem Nikolaikirchhof (Woher kam der Held?), dem Augustusplatz (Stringed), dem Burgplatz (Freiheit?) und dem Wilhelm-Leuschner-Platz (Passage) zum Besuch ein.

Hintergrund: Friedliche Revolution 1989

Mit dem Lichtfest Leipzig, dem Friedensgebet und der Rede zur Demokratie" erinnert die Stadt Leipzig alljährlich am 9. Oktober an die Ereignisse der Friedlichen Revolution im Herbst 1989. Bereits seit 1982 luden Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen regelmäßig zu Friedensgebeten in die Nikolaikirche ein. Von dort gingen im September 1989 die Montagsdemonstrationen aus. Nach Friedensgebeten in mehreren Kirchen versammelten sich am 9. Oktober schließlich mehr als 70.000 Menschen in der Leipziger Innenstadt, um gewaltfrei zu demonstrieren - der Durchbruch für die Friedliche Revolution und ein Schlüsselereignis der deutschen und europäischen Geschichte. Der 9. Oktober 1989 gilt als Voraussetzung für den Fall der Mauer am 9. November und die deutsche Wiedervereinigung.

Weitere Informationen, Videos, Bildergalerien unter www.lichtfest.leipziger-freiheit.de/

Quelle: Leipzig Tourismus und Marketing GmbH