Die neu angelegten Klostergärten beim Münster St. Maria und Markus machen mit ihrer Bepflanzung unter anderem den ehemaligen Kreuzgang erfahrbar. - Klosterinsel Reichenau: seit 25 Jahren UNESCO-Weltkulturerbe
Bodensee-Oberschwaben, Baden-Württemberg

Klosterinsel Reichenau: seit 25 Jahren UNESCO-Weltkulturerbe

Bald ist es ein Vierteljahrhundert her, dass die Verleihung des Welterbe-Status an die Reichenau frühmorgens im Radio gemeldet wurde – zur Überraschung der Gemeindevertreter. Am 30. November 2000 hatte das UNESCO-Welterbekomitee in Cairns im australischen Bundesstaat Queensland getagt und zwei deutsche Kulturstätten in die Welterbeliste aufgenommen: das Gartenreich Dessau-Wörlitz in Sachsen-Anhalt und die Klosterinsel Reichenau. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, Gratulanten und Journalisten meldeten sich. Die Gemeinde Reichenau erlebte eine Zeitenwende im Kleinen. Zum 25-jährigen Jubiläum der Ernennung blickt die Gemeinde Reichenau mit verschiedenen Aktivitäten und Angeboten zurück – und nach vorn.

„Natürlich waren wir über die Bemühungen des Landes informiert, auch der Gemeinderat war involviert. Die Ernennung kam dann aber doch überraschend”, erinnert sich der damalige Tourismus- und Kulturchef Karl Wehrle. In seiner Begründung hob das Welterbekomitee die Bedeutung der Klosterinsel Reichenau als herausragendes Zeugnis der religiösen und kulturellen Rolle eines Benediktinerklosters im Mittelalter hervor. Einzigartigkeit und historische Echtheit im Sinne von Unverfälschtheit spielen bei Welterbe-Kandidaten eine besondere Rolle.

Die vielen Kirchen der Reichenau gehörten zu einem einzigen Kloster, dessen Bezirk nicht durch eine Mauer, sondern durch die Ufer des Bodensees von der Außenwelt abgegrenzt war – weshalb die Reichenau auch als Klosterinsel bezeichnet wird.

Hier konnte die Reichenau punkten. Die Insel besitzt noch heute drei mittelalterliche Kirchen von großer kunsthistorischer Bedeutung. Das Münster St. Maria und Markus verweist sogar auf Vorbilder aus Konstantinopel. Der Reichenauer Abt Heito hatte diese im 9. Jahrhundert auf einer diplomatischen Mission im Oströmischen Reich studieren können. Die am Inseleingang, mitten im Gemüsefeld, stehende Kirche St. Georg ist berühmt für die farbenprächtige Ausmalung des Mittelschiffs mit Szenen aus dem Leben Jesu aus dem späten 10. Jahrhundert. Und die Kirche St. Peter und Paul am westlichen Ende verfügt über eine großartige Apsisausmalung, die der Reichenauer Monumentalmalerei zuzuordnen ist.

Weitere Kirchen aus dem Mittelalter sind zwar verschwunden, ihre Lage und Ausdehnung ist jedoch gut dokumentiert. Einzigartig ist, dass all diese Kirchen zu einem einzigen Kloster gehörten und der Klosterbezirk nicht durch eine Mauer, sondern durch die Ufer des Bodensees von der Außenwelt abgegrenzt war. Die Reichenau war also eine Klosterinsel. Hinzu kommt, dass das Kloster über Jahrhunderte hinweg ein kultureller Impulsgeber war und herausragende künstlerische und literarische Werke hervorbrachte.

Seit dem Jahr 2000 wurde viel unternommen, um die Bedeutung des „Weltkulturerbes Klosterinsel Reichenau“ für Inselgäste und Einheimische erfahrbar zu machen. So hat das Museum Reichenau einen modernen Anbau erhalten, in dem sich seither eine Dauerausstellung zur Klostergeschichte befindet. Im Jahr 2024 wurde diese noch einmal vollständig neu konzipiert und mit innovativer Didaktik eingerichtet. Zudem wurden zwei dezentrale Museen in Oberzell und Niederzell sowie eine hochwertige Beschilderung eingerichtet. Das Interesse an Führungen stieg. Während es vor dem Jahr 2000 noch etwa 350 pro Jahr waren, stieg die Zahl danach auf 1.000.

Ein wichtiger Höhepunkt zur Würdigung des Welterbes Reichenau war das Jubiläum „1300 Jahre Reichenau“, das 2024 aus Anlass der sagenhaften Klostergründung im Jahr 724 durch den Wanderbischof Pirmin gefeiert wurde.

Die am Inseleingang mitten im Gemüsefeld stehende Kirche St. Georg ist berühmt für ihre farbenprächtige Ausmalung des Mittelschiffs mit Szenen aus dem Leben Jesu aus dem späten 10. Jahrhundert.

Anlässlich „25 Jahre UNESCO-Weltkulturerbe Klosterinsel Reichenau“ findet am Wochenende des 31. Mai und 1. Juni 2025 ein großes Welterbe-Wochenende statt. Den Auftakt bildet ein großer Festakt am 31. Mai 2025 um 11 Uhr im Münster, zu dem auch die Öffentlichkeit eingeladen ist. Am gleichen Tag lädt ab 14 Uhr ein „Klostermarkt” in die Klostergärten ein. Die Gärten wurden 2023/2024 neu angelegt und machen mit ihrer Bepflanzung unter anderem den ehemaligen Kreuzgang erfahrbar. Auf dem Klostermarkt werden Reichenauer Produkte wie Kräuterprodukte, Pflanzen, Fischprodukte, Wein sowie Kaffee und Kuchen angeboten.

Am 1. Juni 2025, dem offiziellen UNESCO-Welterbe-Tag, finden spezielle Führungen zum Thema Welterbe Reichenau statt. Am Beispiel des Münsters St. Maria und Markus erfahren die Teilnehmenden, was die Bedeutung der Klosterinsel einst ausmachte. Dabei erkunden sie auch die neu gestaltete Schatzkammer in der ehemaligen Sakristei mit ihren kostbaren Reliquienschätzen. Sieben „WahreWunderBänke” bilden den Abschluss beim Museum Reichenau. Sie stehen für die sieben Welterbestätten in Baden-Württemberg. Die Führung findet in der Folge wöchentlich immer freitags um 14:00 Uhr statt.

Weitere Veranstaltungen im Jubiläumsjahr sind ein Festkonzert im Klosterhof im Rahmen der „Insel Klassik“ sowie ein großes Museumsfest am Sonntag, den 14. September 2025, dem „Tag des offenen Denkmals“. An diesem Tag werden ebenfalls besondere Führungen angeboten. Im Herbst geht eine Vortragsreihe dem Thema Welterbe Reichenau anhand verschiedener Aspekte der Auszeichnung auf den Grund und beleuchtet unterschiedliche historische Facetten der ehemaligen Klosterinsel.

Das ehemalige Kloster und die Insel Reichenau in Kürze

Mit seiner Gründung im Jahr 724 legte der bestens vernetzte Wanderbischof Pirmin das Fundament für ein florierendes Kloster. Die Benediktinerabtei entwickelte sich zu einem der wichtigsten intellektuellen, politischen und kulturellen Zentren im Herrschaftssystem der römisch-deutschen Kaiser des Mittelalters. Es entstanden hochgradig innovative Kirchenbauten und in den Schreibstuben des Klosters wurden liturgische Bücher von Hand abgeschrieben. Von der Blütezeit der Insel in dieser Zeit zeugen die drei romanischen Kirchenbauten. Seit dem Jahr 2000 ist die Reichenau eine vielbesuchte UNESCO-Welterbestätte. Zugleich ist die vom Bodensee umspülte grüne Insel für viele ein wahrer Sehnsuchtsort. In den Gärtnereien, auf den Feldern und den Rebhängen gedeihen Gemüse, Kräuter und Wein. Den Gästen bietet sich ein einzigartiges Zusammenspiel aus über Jahrhunderte gewachsener Kulturlandschaft, bedeutender Geschichte und gelebter, erfahrbarer Spiritualität.

Quelle: Tourist-Information Reichenau