11. September 2014, Italien
Törggelen als Tradition und Lebenskunst
Erstmalig eröffnet Südtirol die Saison mit einem offiziellen StartterminTörggelen ist weit mehr als ein herbstlicher Brauch oder eine kulinarisch eingefärbte Wanderung von Hof zu Hof. Törggelen ist eine Lebenshaltung, eine in Südtirol fest verankerte Stimmung. Erstmalig geben am 27. September 2014 neun Buschenschanken mit einem Keschtnfeuer und weiteren Aktionen den Startschuss für die „fünfte Jahreszeit“. Passend dazu kreieren Südtiroler Konditoren das größte Kastanienherz der Welt – lecker.
„Törggelen am Ursprung“
Die Zutaten für das Törggelen in Südtirol sind einfach: Kastanien, neuer Wein aus dem eigenen Weinberg, Produkte vom Hof und etwas Geschick in der Küche. Die gute Stube dazu gibt es in vielen Südtiroler Buschen- und Hofschänken. Mitzubringen sind dabei Zeit, Hunger und Lust, sich sprachlich schnell zwischen Dialekt, Deutsch und oft auch Italienisch zu bewegen. Törggelen geht nur dort, wo Kastanienbäume und Wein wachsen, sollte von einer Wanderung begleitet sein und ist auch dann richtig, wenn man den Speck direkt vom Holzbrett isst.
Das Eisacktal gilt als Ursprungsgebiet. Eisacktaler Bauern, die Wein anbauten und ihre Tiere auf die Weiden der Bergbauern schickten, sollen sich mit einem herbstlichen Bauernschmaus und dem neuen Wein revanchiert haben: Törggelen als Abschluss eines Tauschhandels. Zum Kosten des neuen Weines stieg man in den Kelterraum, wo auch die Weinpresse, die „Torggl“, stand. Zur geselligen Runde hat man sich dann in die Stube gesetzt.
Die ursprünglichste Art des traditionsreichen Brauchs zeigt das neue Projekt „Törggelen am Ursprung“, an dem in diesem Jahr neun Buschenschankbetriebe im Eisacktal (davon einer in Oberbozen am Ritten) teilnehmen. Gemeinsam eröffnen sie am 27. September die Törggele-Saison: Zeitgleich um 19 Uhr entzünden sie symbolisch ein Keschtnfeuer, berichten ihren Gästen über ihren Hof, Wein und Kastanien. Zuvor bieten sie ab 18 Uhr ein individuelles Programm – von der Schnapsverkostung bis zur Führung durch die eigenen Ställe. Zu den Betrieben gehören der Pschnickerhof, der Oberpartegger, der Larm Hof und der Winkler Hof in Villanders; der Unteraichnerhof in Barbian; der Hubenbauer und der Griesser Hof in Vahrn sowie der Villscheider Hof in Brixen und der Ebnicherhof in Oberbozen/Ritten. Alle neun Betriebe liegen entlang des bekannten Eisacktaler Keschtnweges. Auf über 60 Kilometern führt dieser von Schloss Runkelstein in Bozen bis zum Kloster Neustift bei Brixen: Kastanienhaine und der Blick auf die Dolomiten geben das besondere Südtirol Gefühl.
Für die Teilnahme am 27. September 2014 ist eine Anmeldung bei den Höfen erforderlich. Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung liefert die aktuelle Ausgabe der Broschüre „Bäuerlicher Feinschmecker“: www.roterhahn.it/de/baeuerliche-schankbetriebe/katalogservice/.
Im Zeichen der Ketschn
Untrennbar mit dem Törggelen verbunden sind die „Ketschn“, wie die Kastanie liebevoll von den Südtirolern genannt wird. Erste Nachweise über den Beginn der Kastanienkultur in Südtirol gehen auf die Langobardenzeit (um 600 nach Christus) zurück. Der wichtiger werdende Weinbau im Mittelalter führte bald zu einem wachsenden Kastanienholzbedarf – unter anderem für die Herstellung von Weinfässern. Die Verbreitung und Aufwertung der Kastanie ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit den Klöstern zuzuschreiben. Die „Kestnsupp“ oder „Fiseilnsupp“, eine Suppe aus Kastanien und Bohnen, war als Fastenspeise in Klosterküchen sehr bekannt und beliebt.
Heute trifft man in Südtirol überall auf die braune Frucht: Das Hotel Tauber’s Unterwirt in Feldthurns bei Brixen bietet beispielsweise neben Anwendungen wie einem Kastanienbad oder -Peeling im hauseigenen Spabereich auch gleich die entsprechende Kosmetiklinie „Castanea“.
Die bekannte Süßspeise Kastanienherz hat sogar seinen Ursprung in Bozen. Es besteht ausschließlich aus natürlichen Zutaten: lokal angebaute Edelkastanien, Schlagsahne, Puderzucker und natürlich der Überzug mit dunkler Schokolade. Auf der diesjährigen Fachmesse für das Hotel- und Gastgewerbe in Bozen wollen Südtiroler Konditoren am 20. Oktober einen neuen Weltrekord aufstellen: Sie backen das größte Kastanienherz der Welt. Dabei werden sie 400 Kilo Kastanienmasse (300 Kilo Kastanien und 100 Kilo Staubzucker), 20 Kilo Schokolade und 20 Liter Schlagsahne verarbeiten. Verspeisen dürfen es dann die Messebesucher – selbstverständlich gratis.
Kastanie erleben
Im Eisacktal dient am 20. und 27. September sowie am 4. Oktober die Dürerstadt Klausen als mittelalterliche Kulisse für das erste Kastanienfest des Jahres: das „Gassltörggelen“.
Die Veranstaltung „Keschtnigl“ in Felthurns nähert sich vom 18. Oktober bis 9. November der Kastanie von der kulturellen Seite, wirft einen Blick in die Vergangenheit und verbindet Kunst, Kulinarik und Wanderungen im Zeichen des landschaftsprägenden Baumes.
Rund um das Örtchen Tisens im Meraner Land steht beim „Keschtnriggl“ dann vom 19. Oktober bis 2. November alles im Zeichen der Kastanie. Der Keschtnriggl ist übrigens ein geflochtener Rüttelkorb für das Schälen der gebratenen Kastanien.
Über Südtirol
Südtirol ist ein Land voller Kontraste und das bei 300 Sonnentagen im Jahr. Die nördlichste Provinz Italiens vereint alpine Bodenständigkeit mit mediterraner Lebensart, das Dolomiten UNESCO-Welterbe sowie kulturelle Vielfalt – und verleiht seinen Traditionen nicht selten ein modernes Design. Zu Mittag herzhafte Knödel und abends ein raffiniertes Pastagericht. Jeden Tag eine Piste zum Frühstück, nachts einen fruchtigen Aperitif unter Palmen. Im Urlaub auf Deutsch bestellen und am Nebentisch dem klangvollen italienischen Singsang lauschen. Kontrastreich ist nicht nur das Lebensgefühl an der Alpensüdseite. Auch die heterogene Landschaft – von Weinreben, Apfelgärten, Latschenkiefern und schroffen Felsen geprägt, von der schönsten Freilichtbühne der Alpen, den Dolomiten ganz zu schweigen – trägt zum Südtiroler Lifestyle bei.
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