30. März 2023, Brandenburg
Reise in Brandenburgs Vergangenheit
Per Wohnmobil Brandenburgs Industriekultur entdeckenFerien in der Fabrik? In Brandenburg ist das ein durchaus ernst gemeintes Angebot. Viele eindrucksvolle Originalschauplätze deutscher Industriegeschichte sind hier erhalten geblieben und heute spannende Ausflugsziele. Ein etwas anderer Wohnmobil-Reisetipp für Frühling und Sommer 2023.
Nicht nur idyllische Seen, endlose Weiten und beschauliches Landleben: Auch stillgelegte Fabriken, gigantische Tagebaumaschinen und kunstvolle Werkssiedlungen gehören zum Urlaubserlebnis Brandenburg. Zahlreiche sehenswerte Museen und eindrucksvolle Ausflugsziele entführen in die längst vergangene Zeit, als Brandenburg ein bedeutender Industriestandort war. Kohle, Ziegel, Glas, Porzellan, Hüte, Nähmaschinen und vieles mehr gingen von hier nach Berlin und in die Welt. Warum nicht einmal mit dem Wohnmobil auf den Spuren der Vergangenheit durch das schöne Brandenburger Land fahren und als Zeitreisender in fast vergessene Arbeitswelten eintauchen? Diese Punkte im touristischen Netzwerk Industriekultur ergeben eine spannende Tour von rund 450 Kilometern für fünf bis sechs Tage.
Biotürme und Kunstgussmuseum in Lauchhammer
Ausgangspunkt der Tour ist das Lausitzer Seenland zwischen Berlin und Dresden. Das einstige Energiezentrum der DDR vollzieht seit Jahrzehnten eine spektakuläre Metamorphose: vom Bergbaugebiet zum Wasserparadies. Aus riesigen Tagebaurestlöchern sind idyllische Seen mit Stränden, Yachthäfen, Radwegen und Campingplätzen geworden. Einige Relikte der Braunkohlevergangenheit sind jedoch als Industriedenkmäler erhalten geblieben.
Zu den kuriosesten gehören die Biotürme am Rande von Lauchhammer, etwa auf halber Strecke zwischen Dresden und Cottbus. Uneingeweihte Passanten rätseln über Geschichte und Zweck dieser festungsartigen Anlage. Dabei handelt es sich um ein weltweit einzigartiges Industriedenkmal. Die 24 Klinkertürme sind die Überreste einer einst riesigen Kokerei. Mit einem Gästeführer können Besucher die Türme besteigen und von der verglasten Aussichtskanzel den Blick über das Gelände und die Umgebung genießen. Individuell lässt sich das Gelände mit einem Audioguide erkunden, der über die kostenlose App Hearonymus zur Verfügung steht. Auch Lauchhammer selbst ist einen Besuch wert. Die Stadt war einst berühmt für ihren exzellenten Kunstguss, der von hier aus in die ganze Welt ging. Von dieser glorreichen Vergangenheit erzählt das hiesige Kunstgussmuseum mit einer einzigartigen Sammlung von rund 2.800 Reliefs und Modellen aus Gips und Metall.
Nur 20 Minuten vom Kunstgussmuseum entfernt, umgeben von Kiefern- und Mischwäldern direkt am See, finden Wohnmobilisten einen idyllischen Stellplatz: den Themencampingplatz Grünewalder Lauch. Schattig und sonnig Stellplätze, moderne Sanitäranlagen, Sauna, Minimarkt und Biergarten versprechen einen erholsamen Aufenthalt. Zum Strand sind es nur wenige Meter.
IBA-Terrassen in Großräschen
Nächste Station sind die IBA-Terrassen, etwa eine halbe Autostunde in nordöstlicher Richtung entfernt. Die markanten blauen, miteinander verbundenen Gebäudekuben am Großräschener See entstanden während der Internationalen Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land, die zwischen 2000 und 2010 Impulse für den Strukturwandel in der Region gab. Damals war der Großräschener See noch eine Zukunftsvision. Von den Terrassen blickten die Besucher auf eine trostlose Tagebaulandschaft. Erst 2007 begann die Flutung.
Heute ist der Tagebau nur noch eine ferne Erinnerung. Bei Kaffee und Kuchen blicken die Gäste auf die glitzernde Wasserfläche des Sees mit seinen gepflegten Ufern und der Seebrücke. Manch einer genießt auch ein Glas Wein vom hier gelegenen Weinberg. Die Ausstellung im Besucherzentrum informiert über die Geschichte der IBA in Deutschland sowie über den Bergbau und die Zukunft der Stadt Großräschen. Am Sandstrand stehen fünf einfache Stellplätze für Wohnmobile zur Verfügung - ohne Komfort, aber mit direktem Blick auf den See.
Besucherbergwerk F60 in Lichterfeld
Nur 30 Autominuten weiter östlich steht einer der wohl bekanntesten Zeugen des Braunkohletagebaus in Brandenburg: das Besucherbergwerk F60 in Lichterfeld. Der gigantische Stahlkoloss, 11.000 Tonnen schwer, 500 Meter lang und 200 Meter breit, ist eine ehemalige Abraumförderbrücke, die im Tagebau Klettwitz-Nord mit angeschlossenen Baggern im Einsatz war. Auch hier ist der Tagebau längst verschwunden. An seiner Stelle lädt der Bergheider See zum Baden und Bootfahren ein. Den „liegenden Eifelturm der Lausitz“ können Interessierte bei geführten Touren besteigen. Höhepunkt ist der Blick aus 74 Metern Höhe über das umliegende Seenland. Am Besucherbergwerk stehen 20 einfache Wohnmobilstellplätze zur Verfügung.
Museumspark in Rüdersdorf
Weiter geht es etwa eineinhalb Stunden in nördlicher Richtung, vorbei an den Naturparks Niederlausitzer Landrücken und Dahme-Heideseen bis in die Bergstadt Rüdersdorf östlich von Berlin. Hier entstand auf einem 17 Hektar großen Gelände der gleichnamige Museumspark. Es ist das einzige in diesem Umfang erhaltene historische Kalk- und Bergwerk der Welt! Kalkstein war für die wachsende Metropole Berlin unverzichtbar: Das Brandenburger Tor, das Olympiastadion und die Berliner Mauer bestehen aus dem begehrten Material aus Rüdersdorf.
Beeindruckend sind die vielfältigen Bauwerke der Kalksteinproduktion. Höhepunkt ist die „Kathedrale des Kalks“, eine imposante Schachtofenbatterie mit 18 Schornsteinen, die schon oft als Filmkulisse diente. Besucher können den Park individuell oder im Rahmen von Führungen erkunden oder an geologischen Exkursionen mit Fossiliensuche und Landrover-Touren in den aktiven Tagebau teilnehmen.
Der zum Museumspark gehörende Parkplatz bietet auch Wohnmobilen kostenlose Stellplätze mit einer Ver- und Entsorgungsstation mit Münzautomat.
Ziegeleipark Mildenberg in Zehdenick
Weitere 90 Kilometer nördlich lädt der Ziegeleipark Mildenberg in Zehdenick inmitten einer malerischen Tonstichlandschaft zu einer Zeitreise ein. Auch hier wird die Geschichte der Ziegelindustrie in Ausstellungen und Führungen anschaulich dargestellt. Zehdenick war einst Europas größtes Zentrum der Ziegelproduktion. Ende des 19. Jahrhunderts lieferte das Revier etwa 30 bis 40 Prozent der Ziegel für die Berliner Mietshäuser! In Ringöfen und Maschinenhallen erfährt der Besucher vom harten Leben der Arbeiter. Wer will, kann sich sogar selbst als Ziegelhersteller versuchen.
Gleich nebenan heißt der Campingplatz Marina Alter Hafen Wohnmobilisten willkommen. Hier erholen sich Urlauber auf Stellplätzen direkt an der Havel. Kanus und Motorboote stehen für Touren auf dem ruhig fließenden Gewässer bereit.
Industriegeschichte der Stadt in Wittenberge
Endpunkt der Brandenburger Industriekultur-Tour mit dem Wohnmobil ist Wittenberge, rund 130 Kilometer westlich von Zehdenick. Als „Stadt der Nähmaschinen“ war der Ort an der Elbe einst über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Zwischen 1904 und 1991 wurden hier unter den Namen Singer, Veritas und Naumann Millionen von Nähmaschinen für Haushalte in aller Welt produziert. Der Audioguide "Industriekultur Wittenberge", den sich Interessierte kostenlos über die App Hearonymus auf ihr Smartphone laden können, lässt diese Zeit wieder lebendig werden. Dabei geht es an verschiedenen Orten nicht nur um Nähmaschinen. Stationen sind unter anderem der weithin sichtbare Uhrenturm der Nähmaschinenfabrik, der historische Lokschuppen, die Zellstoff- und Zellwollfabrik, das Stadtmuseum und die Alte Ölmühle.
Unweit der Alten Ölmühle, heute ein Hotel mit großzügigem Wellnessbereich, befindet sich der Wohnmobilstellplatz Nedwighafen mit Strom- und Wasseranschlüssen sowie Duschen und Toiletten. Ein Fahrgastschiff lädt zu Ausflügen auf der Elbe ein.
Weitere Informationen zu den industriekulturellen Standorten in Brandenburg bietet das Touristische Netzwerk Industriekultur auf seiner Internetseite www.industriekultur-brandenburg.de.

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