23. Mai 2011, Soltau, Lüneburger Heide
Himmelfahrt mit Hightechkraft
Achterbahnen – die faszinierenden Technikwunder auf SchienenSchneller, höher, weiter: Achterbahnen kennen keine Limits. Sie starten immer wieder in neue, atemberaubende Dimensionen durch. Bestes Beispiel: KRAKE, die als jüngstes Wunderwerk der Technik im Soltauer Heide-Park Resort jetzt erstmals mit einer „Tiefsee”-Fahrt für Achterbahnaction sorgt. 50.000 Arbeitsstunden, 12 Millionen Euro und 40.000 Meter Kabel stecken in dem Spaßmacher. Trotzdem rätselt man verblüfft: Wie kann das klappen, wie ist dieser Fahrspaß technisch möglich, was hält die Wagen sicher auf den Schienen? Ein Achterbahnexperte klärt auf.
Ob Holz- oder Stahlachterbahn, ob mit Horizontaldrehung (Spinning Coaster) oder Senkrechtabfahrt (Dive Coaster) wie bei KRAKE: Achterbahnwagen bleiben auf Spur, weil Tempo, Flieh- und Schwerkraft sowie Technik perfekt getimt sind. „Präzision ist alles”, sagt Achterbahnbauer Max Eberhard. „Die winzigste Unre-gelmäßigkeit, die kleinste Abweichung in der Schienenführung macht eine Anlage unbefahrbar.” Millimeterarbeit ist angesagt. Von Anfang bis Ende.
Die Planung: Geheimnisse der G-Kraft
Starker Rechner, langer Atem: Die Planung einer Achterbahn kann Jahre dauern. Hauptakteure dabei – der Konstrukteur und sein Prozessor. Beide müssen fit in Mathematik und Physik sein, denn es gilt das G, die Gravitationskraft, exakt zu berechnen, die bei der Berg- und Talfahrt frei wird. „Darunter versteht man die Schwerkraft des Körpers aufgrund von Beschleunigung“, erklärt Experte Eberhard. Normalerweise beträgt sie infolge der Erdbeschleunigung 1 G, bei einer Achterbahnfahrt werden bis 6 G erreicht – dann wiegt ein 80 Kilo schwerer Mann 480 Kilo. „Die Belastung auf den Organismus ist enorm, sie darf nur Sekundenbruchteile anhalten, muss genau austariert sein.” Aus diesem Grund werden beispielsweise Loopings nie als reiner Kreis konzipiert. Die G-Kräfte wären für die Passagiere zu groß. Die Lösung: Ellipsen mit flacherer Krümmung bei Ein- und Ausfahrt, sogenannte Clothoiden-Loopings. In Computersimulationen wird die komplette Fahrdynamik einer Strecke analysiert. Erst nach erfolgreichem Abschluss der umfangreichen Sicherheitschecks gibt’s grünes Licht.
Der Aufbau: Kräne, Laser und ein Showdown
2.000 Kubikmeter Beton, 700 Tonnen Stahl: Der Aufbau eines Riesen wie KRAKE ist ein echter Kraftakt, der fast ein Jahr dauert. „Bei Riesenanlagen arbeiten wir mit einem Team von bis zu 36 Leuten”, erzählt Max Eberhard. Im Schlepptau: zwei Kräne, vier Sattelzugmaschinen, je vier Anhänger und Container. „Es ist viel Werkzeug nötig. Spezialpressen, um die Schienenanschlüsse für die Verschrau-bung zu fixieren, Apparate, die unlösbare Muttern aufsprengen, ohne das Gewinde der Schrauben zu beschädigen – es gibt nichts, was wir nicht haben.” Es wird geschweißt, Elektrik verlegt, immer wieder mit hochpräzisen Lasern die Schienen nachgemessen. Dann der Showdown: Endabnahme durch den TÜV. Alles wird auf Herz und Nieren geprüft, Störungen werden durchgespielt, Gegenmaßnahmen bewertet. Achterbahnfahren zählt zu den sichersten Freizeitvergnügen. Mindestens einmal im Jahr kommen die Kontrolleure.
Das Fahrspektakel: Wunderwerke der digitalen Welt
Klassisch, elektrisch oder magnetisch: Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine Achterbahn anzutreiben. Die älteste und einfachste besteht darin, auf Schwerkraft zu setzen. „Die Wagen werden per Ketten-, Kabel- oder Trommellift auf den ersten Hügel, den sogenannten Lifthill, transportiert. Dann geht von ganz allein die Post ab!”, erläutert Eberhard. Man kann die Gefährte, in der Regel robuste Metall- oder Kunststoffkonstruktionen, aber auch mit Elektromotoren oder Katapultstart in Fahrt bringen. Neuester Trend sind Linearmotoren (Lim), die den Zug mit wandernden Magnetfeldern in knapp 4 Sekunden auf 100 Stundenkilometer beschleunigen. Herkömmliche Wagen rollen auf Laufrädern plus je zwei Räderpaaren, die seitlich und gegenläufig an den Schienen oder schräg unterhalb davon angebracht sind. Gestoppt werden sie mit Klotz- oder Wirbelstrombremsen. Auch für den Betrieb von Achterbahnen gilt inzwischen: Alles voll automatisch! Aufwendige digitale Steuer- und Speicherprogramme lenken zuverlässig den rasanten Schienenverkehr – und zwar nach folgendem Grundprinzip: „Die Fahrstrecke wird in mehrere Blöcke unterteilt, die erst freigegeben sind, wenn das vorausfahrende Fahrzeug die Passage verlassen hat”, so Achterbahnbauer Max Eberhard. Ein harter Job für das zentrale Steuersystem und seine Sinnesorgane aus Sensoren und Schaltern: Bremsen überwachen, Spezialeffekte auslösen, die Bewegung der Wagen verfolgen. Selbst die Position der allein durch Schwerkraft angetriebenen Wagen wird zentimetergenau erfasst. Sicher ist sicher – und wie alles bei der Achterbahn ein echtes Wunderwerk der Technik...
Die Heide-Park Saison geht vom 16. April bis zum 6. November 2011. ‚FUN for 4’-Tickets gibt es online ab 99,00 Euro und Übernachtungsmöglichkeiten im Holi-day Camp ab 19,00 Euro pro Person sowie im Hotel Port Royal ab 35,00 Euro pro Person (alle Preisbeispiele für 4 Personen).
Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie unter der Adresse www.heide-park.de
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