21. Oktober 2010, Nordrhein-Westfalen
Ein Teil des Ganzen
Sultan, die Deutschlehrerin vom Bosporus und andere GeschichtenIn dem Dokumentarfilm von Anne Koch gewähren frühere und heutige türkische Schülerinnen und Schüler aus der internationalen Schülerschaft der UNESCO – Schule Essen Einblicke in ihren Lebensweg, die aufzeigen, wie sie die Aufgabe bewältigen, die sich aus der Diskrepanz zwischen ihrer kulturellen Herkunft und den integrativen Erfordernissen in Deutschland ergeben. Da ist zum Beispiel Sultan D. Sie wurde 1965 in Büyükcekmece, einem Stadtteil von Istanbul, geboren. Als sie zehn Jahre alt war, ging sie mit ihrer Familie nach Essen, wo ihre Eltern in einer Fabrik arbeiteten. Nachdem sie die Hauptschule in Karnap mit Qualifikation abgeschlossen hatte, ging sie zunächst zurück in die Türkei, wo sie das türkische Abitur ablegte. Danach kam sie wieder nach Deutschland und besuchte als eine der ersten türkischstämmigen Schülerinnen das Aufbaugymnasium (heute UNESCO-Schule). Nach dem Abitur studierte sie Deutsch und Sozialwissenschaften an der Uni Essen. Heute unterrichtet sie an einer Essener Gesamtschule.
Zwei weitere Protagonisten des Films, die derzeit an verschiedenen Punkten ihrer schulischen Ausbildung an der UNESCO – Schule stehen, lassen konkret nachvollziehbar werden, welche Schwierigkeiten überwunden werden und welche Entwicklungsschritte vollzogen werden müssen, um vor dem Hintergrund der eigenen Kultur und Sprache in eine andere hinein wachsen zu können, ohne die Angst sich selbst zu verlieren. Da ist zunächst der 16jährige Adnan, der im November 2008 aus der Türkei nach Deutschland gekommen ist - ohne jede Deutschkenntnisse - , ein Jahr in einer Vorbereitungsklasse der UNESCO – Schule Deutsch gelernt hat, und jetzt die 10. Klasse besucht. Savas ist auf diesem Weg schon ein Stück weiter, auch er hat zunächst in einer Vorbereitungsklasse Deutsch gelernt und ist jetzt Schüler der Jahrgangsstufe 12. Er zog im Alter von 15 mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder von Adiyaman nach Essen zu seinem Vater, der schon acht Jahre dort beschäftigt gewesen ist. Savas Leidenschaft ist die Musik. Er begeistert bei Veranstaltungen in und außerhalb der Schule mit seinem außergewöhnlich guten Spiel auf der Saz. Die Dokumentation spürt die Lebenswege, Stationen und kulturellen Wurzeln der Protagonisten in Deutschland und der Türkei auf. Sie kann exemplarisch veranschaulichen, welche Entfernungen und Unterschiede (türkische) Migranten in sich vereinigen oder überbrücken müssen, um in der deutschen Gesellschaft anzukommen.
Ergänzend lässt sich zur Gestaltung des Films noch sagen, dass hier filmische Portraits gezeichnet werden, die ohne Wertung und Kommentar die Protagonisten in ihren deutschen (Essener) und türkischen Lebenszusammenhängen zeigen. Dabei stehen die Beziehungen zu Familie und Herkunftsorten im Zentrum; die Film-Orte in der Türkei sind Istanbul und Adiyaman. Was sie von ihrem Lebensweg und ihrer Lebenssituation preisgeben wollten, blieb den Dargestellten überlassen. Was auf diese Weise deutlich wird, ist die Individualität jedes einzelnen, die trotz formal ähnlicher Daten augenfällig wird: Die Migranten gibt es demnach nicht – auch nicht die türkischen. Was allerdings für alle drei zutrifft, ist die Bedeutung von Schule als Weg und Mittel zur Integration. Die sie verbindende Schule ist die UNESCO-Schule Essen, deren Schülerschaft aus 40 Nationen.

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