5. April 2012, Österreich
Archaische Kommunikation. Das Jodeln
Laut wie ein Schrei oder melodiös wie ein Lied sind die Jodler aus der Steiermark. Auf lautmalerischen Silben gesungen, fasziniert diese Stimmgewalt weltweit und reizt, es selbst zu versuchen.
Håi-hudiridi-dia-hudirididia-håidladi-Ålm! 1893 erschien ein Aufruf zur Sammlung steirischer Jodler und Jauchzer. Wer etwas beitragen könne, sollte sich melden: Die Resonanz war überwältigend – und ein Schatz bäuerlicher Lebenskultur entdeckt. Archaisch und kunstvoll zugleich, erschloss sich ein Füllhorn österreichischer Musikalität, das Komponisten wie Gustav Mahler, Richard Strauß und Ernst Krenek beeinflusste.
Das Jodeln ist eine der ältesten Kommunikationsformen überhaupt – und vermutlich die lautstärkste, die mit Stimme allein zu erreichen ist. Namen wie Almschrei oder Viehruf zeigen seine Funktion zur Verständigung im Gebirge, von Hof zu Hof, von Hütte zu Hütte und über die Täler hinweg. Durch den ständigen Wechsel zwischen Brust- und Kopfstimme und das stetig wiederkehrende „I“, das besonders hoch und eindringlich klingt, überwindet der Jodler große Distanzen. Er macht die Adressaten auf einen aufmerksam, die dann antworten. Auch das Vieh reagiert auf solch einen Ruf – zumindest mit Kopfschütteln – und bringt damit, als Signal für Hirten und Sennerinnen, seine am Hals baumelnden Glocken hörbar zum Klingen.
Wirklich unter die Haut geht der mehrstimmig gesungene Jodler. Die Sänger stehen im Kreis zusammen, ein Mann oder eine Frau schlagen das Thema an, laut und klar. Die anderen Stimmen fallen ein, gehen mit oder singen dagegen an: Mit Silben und Tönen, die sich mächtig wie die Felsketten der Alpen gegeneinander stemmen, und mit Melodieführungen, die einer Berg- und Talfahrt gleichen. Zum Schluss-Akkord geht es meist noch einmal hoch hinaus, in die helle Freude des Jauchzens und das Hochgefühl der Alm hinein, schließen doch viele Jodler auf dieses Wort. Es ist ein Kraftgesang mit Tiefgang: Jodeln versetzt den Körper in vibrierende Schwingung und den ganzen Menschen in meditativ entspannten Einklang. Noten sind da nur ein ungefährer Anhaltspunkt. Wichtig ist die Bereitschaft, bei diesem Singen und Rufen aufeinander zu hören und sich im Miteinander mit aller Atemkraft zu öffnen. Jeder, der sich traut, urig laut und geborgen leise zu sein, kann jodeln.
Jodelkurs
Jodeln lernen und die Steiermark erwandern. Workshops und Angebote unter: www.weltweitwandern.at
Steirisches Volksliedwerk
Das steirische Volksliedwerk fördert Sammlung, Erforschung und Verlebendigung von Volksmusik in der Steiermark und organisiert auch Jodelkurse. www.steirisches-volksliedwerk.at
Österreichisches Volksliedwerk
Informationen über Jodelkurse in ganz Österreich. www.volksliedwerk.at
Gasthof Kölblwirt
Im steirischen Gesäuse findet zweimal jährlich ein Jodel-Workshop statt inkl. Wanderung auf die Kölblalm. Termine: März und Oktober www.koelblwirt.at
Jodel-Rocker Hubert von Goisern
Der oberösterreichische Musiker Hubert von Goisern verbindet Volksmusik mit anderen Genres wie Blues, Jazz, Pop oder Weltmusik. Zusammen mit den Alpinkatzen war Hubert von Goisern in den Neunzigern Trendsetter des Alpenrocks. Er wird deswegen auch Jodel-Rocker genannt. www.hubertvongoisern.com
Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie unter der Adresse www.austria.info